Klinische Prüfungen und der Krieg in der Ukraine

Einleitung

Der Krieg in der Ukraine beeinträchtigt auch Klinische Prüfungen in der Ukraine und gefährdet die sichere Behandlung von Studienteilnehmern. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben eine gemeinsame Vorgangsweise beschlossen, um die Weiterbehandlung von Studienteilnehmern und die Weiterführung von Klinischen Prüfungen so rasch und einfach wie möglich fortzusetzen.

Empfehlungen der Clinical Trials Coordination Group (CTCG) für Klinische Prüfungen in der EU/EEA.

In Folge finden Sie die speziellen Regelungen für Österreich in Ergänzung der europäischen Empfehlungen.

Können Teilnehmer einer multinationalen Klinischen Prüfung in Österreich und der Ukraine das Prüfzentrum wechseln?

Ja, sofern die Klinische Prüfung auch in Österreich genehmigt ist. Es liegt im Ermessen des Sponsors, ob diese Möglichkeit genutzt und ein Wechsel ermöglicht wird. Zusätzlich ist der Prüfer des österreichischen Prüfzentrums einzubinden.

Wer ist die Kontaktstelle für den Teilnehmer, um das Prüfzentrum zu wechseln?

Die primäre Kontaktstelle für den ukrainischen Teilnehmer sollte nach Möglichkeit das ukrainische Prüfzentrum sein. Das Prüfzentrum sollte dann den Sponsor informieren, und der Sponsor sollte den Wechsel mit dem österreichischen Prüfzentrum koordinieren.

Ist eine Kontaktaufnahme mit dem Prüfzentrum nicht möglich, können sich die Teilnehmer direkt an den Sponsor wenden. In einer solchen Situation muss jedoch sichergestellt werden, dass die Identität des Teilnehmers geschützt wird, z. B. durch die Koordinierung durch eine unabhängige Untereinheit des Sponsors oder einen Dritten. Daten über die Identität des Patienten dürfen nicht gespeichert werden.

In Ausnahmefällen kann das BASG als Kontaktstelle für Teilnehmer dienen. Zu diesem Zweck müssen die Sponsoren dem BASG Kontakte für österreichische Prüfzentren mitteilen, die ukrainische Patienten aufnehmen können.
Das BASG wird dann diese Kontaktinformationen anhand der Studienkennnummern an die Teilnehmer weitergeben.

Wie ist die zuständige Ethikkommission zu informieren?

Die zuständige Ethikkommission ist vor dem Wechsel des Teilnehmers zu informieren. Die Meldung sollte folgende Informationen bzw. Bestätigungen enthalten:

  • Alle Dokumente für den Teilnehmer sollten in einer Sprache vorliegen, die der Teilnehmer versteht. In der Regel müssen die Unterlagen (einschließlich der Teilnehmerinformationen) in einer beglaubigten Übersetzung vorliegen.
  • Die Teilnehmer müssen dem Wechsel schriftlich zustimmen. Da die Teilnehmer bereits in ihrem Heimatland der Teilnahme an der Prüfung selbst zugestimmt haben, ist eine Zustimmung zum Wechsel und eventuellen nationalen Besonderheiten (z.B. Datenschutz) ausreichend.
  • In dringenden Fällen kann mit der Ethikkommission vereinbart werden, dass die Zustimmung auf Basis einer ukrainischen Teilnehmerinformation handschriftlich vermerkt wird. Eine Zustimmung auf Basis der übersetzten österreichischen Teilnehmerinformation kann dann zum nächstmöglichen Zeitpunkt erfolgen.
  • Es muss gewährleistet sein, dass die medizinische und administrative Betreuung des Teilnehmers während der gesamten Dauer der Prüfung in Österreich in einer Sprache erfolgt, die vom Teilnehmer  verstanden wird.
  • Der Sponsor sollte bedenken, dass nicht alle ukrainischen Teilnehmer Russisch sprechen oder sich aufgrund des emotionalen Traumas von Krieg und Vertreibung weigern könnten, Russisch zu sprechen. Wenn möglich, sollte der Sponsor auf ukrainische Übersetzungen und Übersetzer zurückgreifen.
  • Es muss geklärt sein, ob die Versicherung für klinische Prüfungen in Österreich solche Patienten abdeckt; andernfalls müsste der Versicherungsvertrag entsprechend geändert werden.

Wie ist das BASG zu informieren?

Eine formlose Mitteilung innerhalb einer Woche nach dem Wechsel ist ausreichend. Die Mitteilung sollte Folgendes enthalten:

  • die Bestätigung der Meldung an die Ethik-Kommission
  • die Information, an welche Prüfstelle in Österreich der Patient verlegt wurde und
  • ob er/sie sich in Behandlung oder nur in der Nachbeobachtung befindet.

Wie ist die medizinische Behandlung von Teilnehmern nach dem Wechsel sicherzustellen?

Die allgemeine medizinische Behandlung und die studienspezifische Behandlung liegen in der Verantwortung des österreichischen Prüfzentrums. Die Sponsoren müssen sicherstellen, dass dem Prüfzentrum ein ausreichender Vorrat an Prüfprodukt zur Verfügung steht, um die laufende Behandlung des Patienten zu gewährleisten. Die Sponsoren müssen auch sicherstellen, dass die Prüfzentren für jede zusätzliche medizinische Versorgung, die im Rahmen der klinischen Prüfung erforderlich ist (Untersuchungen, Krankenhausaufenthalte usw.), entschädigt werden.

Ist in diesen Fällen eine Kennzeichnung der Prüfmedikation auf Ukrainisch erforderlich?

Für Studienmedikation, die vom Prüfarzt oder anderem Studienpersonal verbareicht wird, ist eine Kennzeichnung auf Ukrainisch nicht erforderlich.

Für Prüfmedikation, die dem Teilnehmer mitgegeben wird, ist durch den Prüfer das Verständnis der gemäß Kennzeichnungsverordnung § 50 notwendigen Minimalinformation sicherzustellen. Es ist davon auszugehen, dass eine neue Kennzeichnung auf Ukrainisch in den allermeisten Fällen nicht notwendig sein wird, solange die Anforderungen des § 50 Abs.1 durch die Verwendung von Begleitdokumenten sichergestellt werden kann.

Wenn eine wesentliche Änderung erforderlich ist, die speziell mit dem Krieg in der Ukraine zusammenhängt, ist dann ein beschleunigtes Verfahren möglich?

Ja. Die Änderungen sollten im Anschreiben beschrieben und als bedingt durch den Krieg in der Ukraine begründet werden. Solche Änderungen sollten nicht mit anderen wesentlichen oder nicht wesentlichen Änderungen zusammengefasst werden, für die reguläre Fristen möglich sind, .

Welche Möglichkeiten zur Fortsetzung der Therapie gibt es, wenn die Klinische Prüfung nicht in Österreich läuft?

Die Rekrutierung in eine andere Studie (z. B. eine Auffangsstudie) oder ein genehmigtes Compassionate Use Programm können eine Option sein. Ansonsten bleibt nur die Behandlung im Rahmen des Named Patient Use. Dies würde jedoch einen behandelnden Arzt in Österreich erfordern. Unternehmen, die Named Patient Use für Patienten aus der Ukraine anbieten, sollten dem BASG ebenfalls ihre Kontaktdaten zur Verfügung stellen.

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