Aufhebung der Zulassungen für Metoclopramid 4 mg/ml Tropfen, inkl. Update 27.10.2014

Sicherheitsinformation | Kurzmeldungen | 30.04.2014

Metoclopramid ist in der Europäischen Union seit den 1960-er Jahren zugelassen. Es ist in mehreren Darreichungsformen (z. B. als Tablette, Retardtablette, orale Lösung, Suppositorium oder Injektionslösung) erhältlich. Die einzelnen Arzneimittel sind jeweils für eines oder mehrere Anwendungsgebiete zugelassen, und in einigen Fällen sind die Anwendungsgebiete spezifisch für Erwachsene und/oder Kinder.

Maßnahmen auf EU Ebene

Die Europäische Kommission hat auf Empfehlung der Europäische Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) Maßnahmen für die sichere und wirksame Anwendung dieser Arzneimittel verordnet. Dazu zählt unter anderem die Aufhebung der Zulassung aller in der EU zugelassenen metoclopramidhaltigen Arzneimittel in einer Darreichungsform als orale Tropfen, die eine höhere Konzentration als 1 mg/ml aufweisen.

Ursprünglich hatte die zuständige Behörde Frankreichs ein Verfahren gemäß Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG eingeleitet und ersuchte den Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Human Medicinal Products, CHMP) um eine Prüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Metoclopramid enthaltenden Arzneimitteln für alle Populationen, insbesondere für Kinder und ältere Patienten. Anlass dafür war das zu untersuchende Risiko für neurologische und kardiovaskuläre unerwünschte Ereignisse sowie ein eingeschränkter Wirksamkeitsnachweise für alle zugelassenen Anwendungsgebiete.

Die Untersuchung bestätigte die bereits gut bekannten neurologischen Risiken, wie extrapyramidale Störungen und tardive Dyskenisien. Das Risiko für kurzzeitige neurologische Reaktionen erwies sich bei Kindern als höher und stieg mit höherer Dosierung und längerer Therapiedauer. Damit überwiegt das mit der Anwendung verbundene Risiko den Nutzen in jenen Indikationen, die eine Langzeittherapie erfordern. Darüber hinaus wurden in sehr seltenen Fällen schwerwiegende Herz-Kreislaufreaktionen bekannt, insbesondere nach Injektion.
 
Hinsichtlich der Anwendung bei Kindern liegen in beträchtlicher Anzahl Meldungen über Fälle von Überdosierungen vor. Die Mehrzahl der Fälle betrifft die Anwendung von hoch konzentrierten oralen Flüssigformulierungen, die derzeit in der EU in mehreren unterschiedlichen Darreichungsformen (orale Tropfen, orale Lösung, Sirup) mit unterschiedlichen Konzentrationen und einer Reihe von unterschiedlichen Applikationsgeräten zugelassen sind.

Dies hat Fragen hinsichtlich der Dosierungsgenauigkeit aufgeworfen, insbesondere bei den hochkonzentrierten Formulierungen. Eben durch jene hochkonzentrierten und somit schlecht zu dosierenden Darreichungsformen konnte zumindestens einen Teil der Meldungen von versehentlichen Überdosierungen bei Kindern und Jugendlichen erklärt werden. In Österreich war jedoch eine Anwendung bei Kindern laut Fachinformation hingegen nicht empfohlen.

Im Rahmen dieser Überprüfung, die unter Einbeziehung aller verfügbaren Daten zum Nutzen-Risiko-Verhältnis in allen Altersgruppen, insbesondere für Kinder und ältere Patienten, durchgeführt wurde, bestätigte der CHMP demzufolge das EU-weit potentielle Risiko für unbeabsichtigte Anwendungen der hochkonzentrierten, oralen Flüssigformulierungen, die zu versehentlichen Überdosierungen führen können.

Nach Prüfung der vorgelegten Daten wurde vom CHMP die Empfehlung ausgesprochen und in Folge von der Europäische Kommission verordnet, dass weitere Maßnahmen zur sicheren und wirksamen Anwendung der Metoclopramid-hältigen Arzneispezialitäten erforderlich sind:

Widerruf der Genehmigungen für das Inverkehrbringen von

  • oralen Flüssigformulierungen mit einer Konzentration von über 1 mg/ml
  • parenteralen Formulierungen mit einer Konzentration von über 5 mg/ml
  • rektalen 20-mg-Formulierungen

sowie:

  • dass alle oralen Flüssigformulierungen in Konzentrationen unter bzw. bis zu 1 mg/ml, die zur Anwendung bei Kindern bestimmt sind, zur Sicherstellung eines präzisen Abmessens der Dosis und zur Vermeidung einer versehentlichen Überdosierung, mit einem geeigneten Messgerät (z. B. graduierte Spritze zur oralen Anwendung) ausgeliefert werden müssen.

Das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Metoclopramid enthaltenden Arzneimitteln bleibt somit unter Berücksichtigung der empfohlenen Änderungen in den Produktinformationen und Maßnahmen zur Risikominimierung weiterhin positiv.
 
Situation in Österreich
In Österreich waren bisher folgende Arzneispezialitäten zugelassen:

  • Metoceolat 4 mg/ml Tropfen
  • Metogastron 10 mg Ampullen
  • Metogastron 4 mg/ml Tropfen
  • Paspertin Filmtabletten
  • Paspertin 10 mg Ampullen
  • Paspertin 4 mg/ml Tropfen
  • Paspertin 50 mg Konzentrat zur Infusionsbereitung

Entsprechend der Entscheidung der EU-Kommission werden ab 30.04.2014 alle Zulassungen von metoclopramidhältigen Flüssigformulierungen mit einer Konzentration von über 1 mg/ml aufgehoben.

Dies betrifft in Österreich folgende Produkte:

  • Metoceolat 4 mg/ml Tropfen
  • Metogastron 4 mg/ml Tropfen
  • Paspertin 4 mg/ml Tropfen

Es laufen derzeit in Österreich Verhandlungen mit Pharmaunternehmen um voraussichtlich bis Ende nächsten Jahres niedrigkonzentrierte Tropfenformen (also konform mit der Verordnung der EU-Kommission) in einer Konzentration mit max. 1mg/ml mittels neuer Zulassungen zur Verfügung zu stellen.

Update 27.10.2014:

Inzwischen ist in Österreich wieder eine niedrigkonzentrierte Darreichungsform mittels einer neuen Zulassung als 1mg/ml Lösung zum Einnehmen verfügbar.

Empfehlungen des BASG

Empfehlungen für Anwender und Apotheker:

Um das Risiko für neurologische und andere unerwünschte Reaktionen zu minimieren, ist Metoclopramid nur über eine Dauer von maximal fünf Tagen anzuwenden. Die Anwendung bei chronischen Erkrankungen wie Gastroparese, Dyspepsie und gastro-ösophagalem Reflux sollte nicht mehr erfolgen, ebenso wie die Anwendung als Adjunkt bei chirurgischen oder radiologischen Eingriffen.

Für Erwachsene bleiben folgende Indikationen bestehen:

  • Prävention von verzögerter chemotherapieinduzierter Übelkeit und Erbrechen
  • Prävention von strahlentherapieinduzierter Übelkeit und Erbrechen
  • Prävention von Übelkeit und Erbrechen nach Operationen
  • symptomatischen Behandlung von Übelkeit und Erbrechen, einschließlich akuter migräneinduzierter Übelkeit und Erbrechen (parenterale Art der Anwendung)


Für Kinder im Alter von 1-18 Jahren soll Metoclopramid nur in folgenden Indikationen angewendet werden:

  • Prävention von verzögerter chemotherapieinduzierter Übelkeit und Erbrechen, als Zweitlinienoption
  • Behandlung von gesicherter Übelkeit und gesichertem Erbrechen nach Operationen, als Zweitlinienoption

Eine Anwendung bei Kindern im Alter unter einem Jahr ist generell kontraindiziert.

Empfehlungen für Patienten:

  • Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt


Weitere Informationen:

Amtliche Nachrichten des BASG (28.04.2014):

www.basg.gv.at/pharmakovigilanz/amtliche-nachrichten/amtliche-nachrichten-2014/

Sicherheitsinformation des BASG (26.07.2013):

www.basg.gv.at/news-center/news/sicherheitsinformationen-details/article/metoclopramid-diverse-praeparate/

Veröffentlichung der EU-Kommission:

http://ec.europa.eu/health/documents/community-register/html/ho25026.htm

Aussendung der Europäischen Arzneimittelagentur:

http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/human/referrals/Metoclopramide-containing_medicines/human_referral_000349.jsp&mid=WC0b01ac05805c516f

Rückfragen (fachlich):
Dr. Christoph Baumgärtel, Tel.: 050555/36004
E-Mail: christoph.baumgaertel@ages.at

Rückfragen (für Medien):
Kommunikationsmanagement, Tel.: 050555/25000
E-Mail: presse@ages.at

Email

Rückfragehinweis