CHMP Meeting Highlights Juni 2022

CHMP Monatsmeldung | 07.07.2022

In diesem Monat haben Arzneimittel für die folgenden Anwendungsgebiete eine Zulassungsempfehlung erhalten:

  • Aktive Immunisierung gegen COVID-19
  • Hämophilie A
  • HIV-1-Infektion
  • Migräne
  • Multiples Myelom
  • Myasthenia Gravis
  • Myeloische Leukämie

Neue Medikamente zur Zulassung empfohlen:

Pepaxti (Melphalanflufenamid): ist in Kombination mit Dexamethason für die Behandlung erwachsener Patient*innen mit multiplem Myelom (MM) indiziert, die mindestens drei vorangegangene Therapielinien erhalten haben, deren Krankheit gegenüber mindestens einem Proteasom-Inhibitor, einem immunmodulatorischen Wirkstoff und einem monoklonalen Anti-CD38-Antikörper refraktär ist und die bei oder nach der letzten Therapie ein Fortschreiten der Krankheit gezeigt haben. Bei Patient*innen mit einer früheren autologen Stammzelltransplantation sollte die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung mindestens 3 Jahre ab der Transplantation betragen.

MM ist ein unheilbarer Blutkrebs, der durch die bösartige Vermehrung von Plasmazellen und die Überexpression eines monoklonalen Immunglobulinproteins gekennzeichnet ist. Zu den Symptomen gehören Knochenschmerzen und -brüche, Infektionen und Niereninsuffizienz.

Melphalan ist ein Phenylalaninderivat von Stickstoffsenf, das als DNA-alkylierendes Mittel eine breite Antitumorwirkung hat. Melphalan wurde erstmals 1963 in Kanada und seitdem in mehreren EU-Mitgliedsstaaten zugelassen. In der EU wurde Melphalan erstmals 2020 unter dem Handelsnamen Phelinun zentral zugelassen, unter anderem zur Behandlung von MM. Melphalanflufenamid (Melflufen) ist ein lipophiles Peptid-Wirkstoff-Konjugat von Melphalan. Seine lipophile Natur ermöglicht eine bessere Diffusion durch die Zellmembranen. Nach dem Eindringen in die Zelle wird durch die Aminopeptidase-vermittelte Peptidhydrolyse die alkylierende Komponente freigesetzt, die sich in der Zelle anreichert und eine DNA-Schädigung und anschließende Apoptose verursacht. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Pepaxti.

Rayvow (Lasmiditan): ist für die akute Behandlung der Kopfschmerzphase von Migräneanfällen mit oder ohne Aura bei Erwachsenen angezeigt. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Rayvow.

Migräne ist eine chronische Erkrankung, die durch wiederkehrende Kopfschmerzen gekennzeichnet ist und die Lebensqualität und Produktivität beeinträchtigen kann. Obwohl die Ursachen der Migräne nicht bekannt sind, hat man festgestellt, dass Calcitonin-Gen-verwandte Peptide (CGRPs) an der Entstehung der Schmerzen bei Migräne beteiligt sind.

Rayvow gehört zu den Serotonin-1F(5-HT1F)-Rezeptor-Agonisten, die auch als Ditane bezeichnet werden.  Durch die Aktivierung des 5-HT1F-Rezeptors blockiert Rayvow die Freisetzung von CGRPs und verhindert so die Entwicklung der Kaskade von Ereignissen, die zu einer Migräneattacke führen. Aufgrund seiner hohen Affinität zum 1F-Rezeptor verursacht Rayvow keine Gefäßverengung. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Rayvow.

Roctavian (Valoctocogene Roxaparvovec): erhielt ein positives Gutachten für eine bedingte Marktzulassung (Conditional Marketing Authorisation - CMA) zur Behandlung der schweren Hämophilie A (kongenitaler Faktor-VIII-Mangel) bei erwachsenen Patient*innen, die keine Faktor-VIII-Inhibitoren in der Vorgeschichte hatten und bei denen keine Antikörper gegen das Adeno-assoziierte Virus vom Serotyp 5 (AAV5) nachweisbar waren.

Die kongenitale Hämophilie ist eine X-chromosomal-rezessive Krankheit, die durch Mutationen in den Genen verursacht wird, die für den Gerinnungsfaktor VIII (Hämophilie A) oder IX (Hämophilie B) kodieren. Sie ist gekennzeichnet durch die Unfähigkeit, Blutgerinnsel zu bilden, was zu einem erhöhten Risiko von Blutergüssen, inneren Blutungen und Blutungen in den Gelenken führt. Die Krankheit kann je nach der körpereigenen Plasmaaktivität der Gerinnungsfaktoren als leicht, mittelschwer oder schwer eingestuft werden. Patient*innen, die mit Antihämophilie-Faktoren behandelt werden, um den fehlenden Gerinnungsfaktor zu ersetzen, können Anti-Faktor-VIII- oder IX-Alloantikörper (Inhibitoren) entwickeln, die die Aktivität der verabreichten Ersatzfaktoren neutralisieren.

Roctavian ist ein AAV5-Vektor, der für FVIII unter der Kontrolle eines leberspezifischen Promotors kodiert. Roctavian ist für eine verlängerte Expression ausgelegt und wird daher mit einer einzigen intravenösen Dosis verabreicht. EMA-Pressemitteilung zu Roctavian. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Roctavian.

Scemblix (Asciminib): ist für die Behandlung erwachsener Patient*innen mit Philadelphia-Chromosom-positiver chronischer myeloischer Leukämie in der chronischen Phase (Ph+ CML-CP) angezeigt, die zuvor mit zwei oder mehr Tyrosinkinase-Hemmern behandelt wurden.

CML ist eine Krebserkrankung der weißen Blutkörperchen, die durch eine Überproduktion von unreifen myeloischen Zellen und reifen Granulozyten gekennzeichnet ist. Sie ist in der Regel mit dem Philadelphia-Chromosom (Ph-Chromosom) assoziiert, einer Anomalie des Chromosoms 22 mit einer reziproken Translokation zwischen Chromosom 9 und 22, die zu einem Fusionsgen namens BCR-ABL1 führt. Dieses Fusionsgen kodiert für eine chimäre Tyrosinkinase mit einer konstitutiv aktiven ABL1-Domäne, die durch Störung des normalen Zellzyklus eine unkontrollierbare Teilung verursacht. Die CML kann in ihrer chronischen Phase durch die Verabreichung von Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) kontrolliert werden. Einige Patient*innen entwickeln jedoch eine Resistenz oder eine Unverträglichkeit oder sprechen nicht mehr auf diese Therapien an.

Scemblix ist ein Inhibitor der BCR-ABL1-Kinaseaktivität, der auf eine andere Bindungsstelle (die Myristoyltasche) abzielt als die anderen zugelassenen TKIs, die auf die ATP-Bindungsstelle von BCR-ABL1 abzielen. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Scemblix.

Sunlenca (Lenacapavir): ist in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln für die Behandlung von Erwachsenen mit einer multiresistenten Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus 1 (HIV-1) indiziert, bei denen eine antivirale Suppressionstherapie nicht möglich ist. Die Sunlenca-Tablette ist für die orale Einnahme vor der Verabreichung der Sunlenca-Langzeitinjektion vorgesehen.
HIV-1 ist ein Retrovirus, das beim Menschen zu einer fortschreitenden Infektion mit Versagen des Immunsystems führt. Immungeschwächte Patient*innen sind anfällig für lebensbedrohliche Infektionen und für die Entwicklung von Krebs. Unbehandelt kann eine Infektion mit HIV-1 zur Entwicklung des erworbenen Immunschwächesyndroms (AIDS) und damit zum Tod führen. Obwohl die virale Replikation durch eine antiretrovirale Therapie (ART) erfolgreich unterdrückt werden kann, entwickeln einige Patient*innen eine Resistenz gegen die verfügbaren Therapien.

Durch Bindung an das virale Kapsid greift Sunlenca in wesentliche Schritte des viralen Lebenszyklus ein und hemmt so die HIV-1-Replikation. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Sunlenca.

Valneva (COVID-19-Impfstoff (inaktiviert, adjuvantiert, adsorbiert)): ist für die aktive Immunisierung zur Vorbeugung von COVID-19, verursacht durch SARS-CoV-2, bei Personen im Alter von 18 bis 50 Jahren angezeigt.
COVID-19 oder Coronavirus-Krankheit 2019 ist eine ansteckende Krankheit, die durch das Corona-Virus 2 des Schweren Akuten Respiratorischen Syndroms (SARS-CoV-2) verursacht wird. Obwohl dieses Virus eine Vielzahl von Zellen infizieren kann, ist es vor allem dafür bekannt, Atemwegssymptome zu verursachen, die von leicht bis schwer reichen.

Valneva ist ein inaktivierter Virusimpfstoff und der sechste Impfstoff, der in der Europäischen Union (EU) zum Schutz gegen COVID-19 empfohlen wird. EMA-Pressemitteilung zu Valneva. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Valneva.

Vyvgart (Efgartigimod alfa): ist als Zusatz zur Standardtherapie für die Behandlung erwachsener Patient*innen mit generalisierter Myasthenia gravis (MG) indiziert, die Anti-Acetylcholin-Rezeptor (AChR)-Antikörper positiv sind.

MG ist eine Autoimmunerkrankung, die Muskelschwäche verursacht. Bei etwa 90 % der Patient*innen sind Autoantikörper im Serum nachweisbar, und die häufigsten richten sich gegen AChR an der neuromuskulären Verbindungsstelle, was zu einer Störung der neuromuskulären Übertragung führt.

Vyvgart ist ein rekombinantes Fc-Fragment, das von menschlichem Immunglobulin (IgG) abgeleitet ist und an den neonatalen Fc-Rezeptor bindet, wodurch die Konzentrationen der zirkulierenden IgG, einschließlich der IgG-Autoantikörper, reduziert werden. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Vyvgart.

Empfehlungen zur Erweiterung der therapeutischen Indikation:

Crysvita (Burosumab): Erweiterung der Indikation auf die Behandlung der FGF23-bedingten Hypophosphatämie bei tumorbedingter Osteomalazie in Verbindung mit phosphaturischen mesenchymalen Tumoren, die nicht kurativ reseziert oder lokalisiert werden können, bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 1 bis 17 Jahren und bei Erwachsenen. Crysvita war bereits für die Behandlung der X-chromosomalen Hypophosphatämie zugelassen. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Crysvita.

Enhertu (Trastuzumab-Deruxtecan): Erweiterung der Indikation als Monotherapie auf die Behandlung erwachsener Patientinnen mit inoperablem oder metastasierendem HER2-positivem Brustkrebs, die zuvor eine oder mehrere Anti-HER2-haltige Therapien erhalten haben. Enhertu war zuvor für Patientinnen zugelassen, die zwei oder mehr frühere Therapien auf HER2-Basis erhalten hatten. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Enhertu.

Imbruvica (Ibrutinib): Erweiterung der Indikation auf die Behandlung erwachsener Patient*innen mit zuvor unbehandelter chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) in Kombination mit Venetoclax. Imbruvica war bereits für die Behandlung des Mantelzell-Lymphoms, der Waldenström-Makroglobulinämie und für die Behandlung der CLL als Monotherapie oder in Kombination mit Rituximab, Obinutuzumab oder Bendamustin zugelassen. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Imbruvica.

Lonquex (Lipegfilgrastim): Erweiterung der Indikation auf Kinder ab 2 Jahren zur Verkürzung der Dauer von Neutropenien und der Häufigkeit von febrilen Neutropenien bei Patient*innen, die wegen einer bösartigen Erkrankung mit einer zytotoxischen Chemotherapie behandelt werden (mit Ausnahme von chronisch-myeloischer Leukämie und myelodysplastischen Syndromen). Lonquex war bereits für Erwachsene zugelassen. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Lonquex.

Lynparza (Olaparib): Erweiterung der Indikation, als Monotherapie oder in Kombination mit einer endokrinen Therapie, auf die adjuvante Behandlung erwachsener Patientinnen mit Keimbahn-BRCA1/2-Mutationen, die an HER2-negativem, frühem Brustkrebs mit hohem Risiko leiden, der zuvor mit einer neoadjuvanten oder adjuvanten Chemotherapie behandelt wurde. Lynparza war bereits für die Behandlung von Eierstockkrebs, Adenokarzinom der Bauchspeicheldrüse, Prostatakrebs und Brustkrebs zugelassen. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Lynparza.

Nuvaxovid (COVID-19-Impfstoff (rekombinant, adjuvant)): Erweiterung der Indikation auf die aktive Immunisierung zur Vorbeugung von COVID-19, verursacht durch SARS-CoV-2 bei Personen ab 12 Jahren. Nuvaxovid war bereits für Patient*innen ab 18 Jahren zugelassen. EMA-Pressemitteilung zu Nuvaxovid. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Nuvaxovid.

Rinvoq (Upadacitinib): Erweiterung der Indikation auf die Behandlung der aktiven, nicht radiologischen axialen Spondyloarthritis bei erwachsenen Patient*innen mit objektiven Entzündungszeichen, die durch erhöhte C-reaktive Proteine und/oder Magnetresonanztomographie angezeigt werden, und die auf nichtsteroidale entzündungshemmende Arzneimittel nur unzureichend angesprochen haben. Rinvoq war bereits für die Behandlung von rheumatoider Arthritis, Psoriasis-Arthritis, ankylosierender Spondylitis und atopischer Dermatitis zugelassen. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Rinvoq.

Zerbaxa (Ceftolozan / Tazobactam): Erweiterung der Indikation auf die Behandlung folgender Infektionen bei pädiatrischen Patient*innen: komplizierte intraabdominale Infektionen, akute Pyelonephritis und komplizierte Harnwegsinfektionen. Zerbaxa war bereits bei Erwachsenen für die Behandlung dieser Infektionen und von im Krankenhaus erworbener Lungenentzündung zugelassen. Für weitere Informationen siehe CHMP summary of positive opinion for Zerbaxa.

Neu veröffentlichte EPARs:

Der EPAR (Europäischer öffentlicher Bewertungsbericht) ist das Hauptdokument, in dem die EMA detaillierte Informationen über die vom CHMP bewerteten Arzneimittel veröffentlicht. Nachstehend finden Sie eine Liste der EPARs für kürzlich zugelassene Produkte, die auf der EMA-Homepage veröffentlicht wurden:

Carvykti (Ciltacabtagene Autoleucel): ist angezeigt für die Behandlung erwachsener Patient*innen mit rezidiviertem und refraktärem multiplem Myelom, die mindestens drei vorangegangene Therapien erhalten haben, darunter einen immunmodulatorischen Wirkstoff, einen Proteasom-Inhibitor und einen Anti-CD38-Antikörper, und bei denen die Krankheit unter der letzten Therapie fortgeschritten ist. Siehe EPAR Carvykti.

Lunsumio (Mosunetuzumab): ist als Monotherapie für die Behandlung von erwachsenen Patient*innen mit rezidiviertem oder refraktärem follikulärem Lymphom indiziert, die mindestens zwei vorherige systemische Therapien erhalten haben. Siehe EPAR Lunsumio.

Kürzlich gestartete Verfahren:

Jeden Monat werden bei der EMA neue Arzneimittel zur Zulassung eingereicht, die Patientinnen und Patienten neue Therapiemöglichkeiten für verschiedene Erkrankungen eröffnen sollen. Das CHMP führt eine wissenschaftliche Bewertung der Anträge durch und gibt eine Empfehlung ab. Das CHMP hat mit der Beurteilung der folgenden eingereichten Anträge begonnen:

Erste Zulassungsanträge:

  • Etranacogene dezaparvovec - Orphan - Arzneimittel für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Product - ATMP) - Behandlung von Erwachsenen mit Hämophilie B (angeborener Faktor-IX-Mangel) und einem bereits vorhandenen neutralisierenden Anti-AAV5-Antikörpertiter unter 1:700 zur Verringerung der Häufigkeit von Blutungsepisoden und der Notwendigkeit einer Faktor-IX-Ersatztherapie.
  • Ivosidenib - Orphan - Behandlung der akuten myeloischen Leukämie und Behandlung des metastasierten Cholangiokarzinoms.
  • Tislelizumab - Orphan - Behandlung erwachsener Patient*innen mit inoperablem, rezidivierendem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus nach vorheriger Chemotherapie.
  • Tislelizumab - Behandlung von lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-squamösem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs bei Erwachsenen, Behandlung von lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem squamösem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs bei Erwachsenen, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs nach vorheriger Chemotherapie bei Erwachsenen.
  • Tremelimumab - Orphan - Zur Verwendung in Kombination mit Durvalumab für die Behandlung von Erwachsenen mit inoperablem hepatozellulärem Karzinom.

Die vorherigen CHMP Meeting Highlights sind erreichbar unter: https://www.basg.gv.at/chmp-highlight 

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