Ergot Derivate (diverse Präparate)

Sicherheitsinformation | Kurzmeldungen | 28.06.2013

Ergot-Derivate (Wirkstoffe: Dihydroergocristin, Dihydroergotamin, Dihydroergotoxin, Nicergolin, Dihydroergocryptin) sind in verschiedenen europäischen Mitgliedsstaaten unter diversen Präparatenamen zugelassen. Die Anwendungsgebiete umfassen dabei sowohl kardiovaskuläre Erkrankungen, wie Hypotonie und Kreislaufbeschwerden, als auch neurologische Indikationen wie Demenz, Alzheimer und Migräne.

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Human Medicinal Products, CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) empfahl die Einschränkung des Anwendungsgebietes für diese Präparate.

Maßnahmen auf EU-Ebene

Im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 31 evaluierte das CHMP alle hierzu verfügbaren Daten, einschließlich klinischer Studien, Daten aus dem Spontanmeldesystem und publizierter Informationen. Als hauptsächliche mit der Anwendung von Ergot-Derivaten verbundenen Risiken erwiesen sich das Auftreten von Fibrosen und Ergotismen.

Fibrosen (einschließlich retroperitonealer, Kardialer, pulmonaler und pleuraler Formen) wurden dabei am häufigsten in Zusammenhang mit Dihydroergotamin berichtet. Aufgrund ihres gemeinsamen Wirkmechanismus haben jedoch alle Mitglieder dieser Wirkstoffgruppe das Potential zur Induzierung von Fibrosen, vor allem der Herzklappen. Allfällige Unterschiede in der beobachteten Häufigkeit lassen sich mit unterschiedlicher Bindungsfähigkeit für Serotoninrezeptoren, aber auch mit den Schwierigkeiten der Diagnose von Fibrosen und der damit verbundenen verminderten Meldehäufigkeit erklären.

Weiters besteht das Risiko für das Auftreten von Ergotismen, die in einigen beobachteten Fällen als schwerwiegend einzustufen waren und potentiell fatal verlaufen können. Die betroffenen Patienten waren jüngeren Alters (durchschnittlich 41 Jahre), die Zeit von Beginn der Therapie bis zum Auftreten betrug weniger als zwei Monate (durchschnittlich zwei Tage).

Im Vergleich hierzu waren die vorliegenden Daten zum Beleg der Wirksamkeit in einigen der Indikationen beschränkt. Das CHMP beschloss daher eine entsprechende Einschränkung der Anwendungsgebiete (s. Empfehlungen für Anwender unten). Die finale Entscheidung der Europäischen Kommission wird in den nächsten Wochen erwartet.

Situation in Österreich

In Österreich sind folgende Arzneispezialitäten zugelassen:

  • DHE "ratiopharm" 2,5 mg Kapseln
  • DHE "ratiopharm 5 mg Kapseln
  • Dihydergot 2,5 mg Tabletten
  • Ergomed Tropfen
  • Ergotop 20 mg Filmtabletten
  • Ergotop 30 mg Filmtabletten
  • Ergovasan 2 mg/ml Tropfen
  • Ergovasan 2,5 mg retard Kapseln
  • Ergovasan 5 mg retard Kapseln
  • Hydergin Fas 4,5 mg Filmtabletten
  • Hydergin 1 mg/ml Tropfen
  • Hydergin 1 mg Tabletten
  • Hydergin 2 mg Tabletten
  • Hydergin SRO 6 mg Kapseln
  • Migranal  4 mg/ml Nasenspray
  • Nicergin Filmtabletten
  • Sermion 30 mg Filmtabletten

Dem BASG liegen zu diesen Präparaten insgesamt acht Fallmeldungen vor.

Empfehlungen des BASG für Anwender:

Präparate mit den Wirkstoffen Dihydroergocristin, Dihydroergotamin, Dihydroergotoxin, Nicergolin oder der Kombination von Dihydroergocryptin mit Koffein sollen in den folgenden Indikationen nicht mehr verordnet werden:

  • Symptomatische Therapie chronisch pathologischer kognitiver und neurosensueller Einschränkungen im Alter (ausschließlich Alzheimer Erkrankung oder Demenz!)
  • Zusatztherapie der Claudicatio intermittens bei symptomatischer peripherer Verschlusskrankheit (PAVK, Stadium II)
  • Zusatztherapie bei Raynaud Syndrom
  • Zusatztherapie bei Verminderung der Sehschärfe und Gesichtsfeldstörungen mit mutmaßlich vaskulärer Ursache
  • Akute Retinopathis vaskulärer Ursache
  • Migräneprophylaxe
  • Orthostatische Hypotonie
  • Symptomatische Therapie der veno-lymphatischen Insuffizienz

Für Patienten, die derzeit in diesen Indikationen mit den genannten Wirkstoffen behandelt werden, sollte therapeutische Alternativen gesucht werden
Andere zugelassene Indikationen außer den oben genannten bleiben erhalten

Empfehlungen des BASG für Patienten:

  • Die Anwendung von Arzneimitteln, die Ergot-Derivate enthalten, wird in einigen der bisherigen Indikationen (wie zum Beispiel Kreislaufbeschwerden oder einige neurologische Erkrankungen) nicht mehr empfohlen, da der Nutzen ihrer Anwendung das damit verbundene Risiko nicht mehr überwiegt.
  • Wenn Sie ein Präparat einnehmen, das einer der Wirkstoffe Dihydroergocristin, Dihydroergotamin, Dihydroergotoxin, Nicergolin oder der Kombination von Dihydroergocryptin mit Koffein enthält, kontaktieren Sie bitte Ihren behandelnden Arzt, um zu entscheiden, ob eine Umstellung der Therapie notwendig ist.

Weitere Informationen:
Presseaussendung Europäische Arzneimittelagentur, 28.06.2013 

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