Fragen und Antworten zu gefälschten Arzneimitteln Herceptin, Alimta und Remicade

Sicherheitsinformation | Humanarzneimittel | 25.04.2014

Welche Arzneimittel sind betroffen?

Das Präparat Herceptin ist europaweit zur Behandlung des Brustkrebses im Frühstadium, des metastasierenden Brustkrebses und des metastasierenden Magenkarzinoms zugelassen. Es wird vorwiegend in Spitälern eingesetzt und enthält den Wirkstoff Trastuzumab. Es  ist als 150 mg Pulver zur Herstellung eines Infusionslösungskonzentrates zur intravenösen Verabreichung sowie  als 600 mg/5 ml Injektionslösung zur subkutanen Verabreichung verfügbar. Laut derzeitigen Informationen ist ausschließlich die intravenöse Darreichungsform (150 mg Pulver zur Herstellung eines Infusionslösungskonzentrates) vom Fälschungsfall betroffen.

Das Präparat Alimta ist europaweit zur Behandlung von Lungenkrebs zugelassen. Es wird unter Aufsicht von Ärzten mit Erfahrung in der Anwendung von antineoplastischen Arzneimitteln angewendet. Alimta ist ein Pulver, das zur Infusionslösung zubereitet und intravenös verabreicht wird. Es enthält den Wirkstoff Pemetrexed. Es steht in den Starken 100 mg und 500 mg zur Verfügung. Laut derzeitigen Informationen ist ausschließlich die größere Stärke (500 mg Pulver zur Herstellung eines Konzentrates zur Herstellung einer Infusionslösung) vom Fälschungsfall betroffen.

Das Präparat Remicade ist europaweit als ein anti-inflammatorisches Arzneimittel zugelassen und wird zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, ankylosierende Spondylitis, Psoriasis-Arthritis und Psoriasis eingesetzt. Es enthält den Wirkstoff Infliximab und ist ein Pulver, das zur Infusionslösung zubereitet wird. Die Anwendung erfolgt durch qualifizierte Ärzte, die in der Diagnose und der Therapie der genannten Krankheiten erfahren sind. Im Gegensatz zu anderen EU-Ländern ist laut derzeitigen Informationen Österreich hinsichtlich Remicade nicht vom Fälschungsfall betroffen.

Wie wurden die betroffenen Arzneimittel gefälscht?

Im Fall von Herceptin wurde das Originalmedikament vom Zulassungsinhaber Roche in Italien an Krankenhäuser abgegeben. Es besteht der Verdacht, dass diese Originalmedikamente in den Krankenhäusern entwendet wurden - der italienischen Behörde AIFA wurden mehrere hundert Packungen als gestohlen gemeldet. Weiters besteht der Verdacht, dass diese Packungen mit gefälschten Dokumenten an Paralleldistributeure im Ausland weitergegeben wurden und über diese wiederum an Krankenanstalten abgegeben wurden. Paralleldistribution/-import ist eine gesetzlich gedeckte und kontrollierte Vorgehensweise, mit der Arzneimittel im freien Warenverkehr in der EU erworben bzw. gehandelt werden dürfen.

Die Verdachtsmomente deuten darauf hin, dass Dokumente gefälscht wurden, die vorgeben, dass die italienische Ware von ausländischen Großhändlern eingekauft und vertrieben wurde. Diese ausländischen Großhändler waren aber vermutlich niemals im Besitz dieser Ware noch haben sie diese tatsächlich vertrieben.

Ähnliche Sachverhalte wurden auch für die Produkte Alimta und Remicade gemeldet.

Besteht ein Risiko für die PatientInnen?

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient in Österreich tatsächlich betroffen ist, ist laut derzeitigen Informationen eher gering. Der Jahresbedarf für Österreich beträgt etwa 35.000 Packungen, im Gegensatz dazu machen die vom Rückruf betroffenen und potentiell beeinträchtigten Packungen weniger als 5 % dieser Menge aus.

Bei einer sehr geringe Anzahl der betroffenen Packungen wurden die Produkte manipuliert, somit ist nicht sichergestellt, dass diese Produkte tatsächlich den korrekten Wirkstoff in der angegebenen Menge oder ob diese überhaupt einen Wirkstoff enthalten. In Einzelfällen wurde nachgewiesen, dass kein Wirkstoff enthalten war, oder der Wirkstoffgehalt nur 7 % betrug. Bei einer geringen Zahl der Fläschchen wurden zudem Manipulationen wie z. B. beschädigte Bördelkappen oder durchstochene Gummistopfen festgestellt, teilweise fand sich anstelle des Trockenpulvers eine Flüssigkeit in den Fläschchen oder es wurde anstelle des richtigen Wirkstoffes ein anderer  Wirkstoff, nämlich ein weitverbreitetes Antibiotikum festgestellt. Bis jetzt (Stand 25.04.2014) wurde keine einzige tatsächlich manipulierte Durchstechflasche in Österreich entdeckt.

Für den Großteil der parallelimportierten und von Rückruf betroffenen Herceptin-Chargen wurde hingegen am Arzneimittel selbst keine derartigen offensichtlichen Manipulationen festgestellt. Es besteht jedoch auch hier Grund zur Sorge, dass die Kühlkette nicht vollständig eingehalten wurde. Daher sind auch diese Produkte als nicht sicher anzusehen. Dies gilt sowohl für betroffene Herceptin-Chargen als auch für die betroffenen Alimta und Remicade-Chargen.
Eine tatsächliche Gesundheitsgefährdung bzw. dass in Österreich wirklich ein Patient zu Schaden gekommen wäre, kann derzeit nicht bewiesen werden. Der Rückruf wird aus Gründen der Vorsorge durchgeführt, da für die betroffenen Chargen die Sicherheit und Wirksamkeit nicht lückenlos nachgewiesen und aus vorsorglichen Gründen daher nicht bestätigt werden kann.

Welche Maßnahmen wurden bisher gesetzt?

Maßnahmen auf EU Ebene und in Österreich

An wen können sich PatientInnen wenden?

Patientinnen und Patienten sollten sich, wenn sie besorgt sind, mit ihrem behandelnden Spital oder Arzt in Verbindung setzen. Nur das Spital kann Auskunft darüber geben, welche Charge der betroffenen Produkte ein Patient während seiner Therapie tatsächlich erhalten hat bzw. welche Charge(n) verwendet wurden. Chargen die nicht vom Rückruf betroffen sind gelten wie bisher als uneingeschränkt wirksam und sicher.

Aufgrund der geringen Anzahl der betroffenen Chargen ist davon auszugehen, dass die vorsorglich eingeleiteten Rückrufaktionen zu keinerlei Vertriebseinschränkung oder Engpässen führen werden.

Gab es bereits Nebenwirkungsmeldungen oder Berichte von Schäden?

Dem BASG liegen im Zeitraum vom Jänner 2013 bis April 2014 insgesamt 26 Nebenwirkungsmeldungen für Herceptin aus Österreich vor. Dies liegt durchaus im Bereich der erwarteten Nebenwirkungsmeldungen der legalen Produkte und erlaubt keinerlei Rückschluss auf einen Zusammenhang mit der Verwendung von verfälschtem Herceptin. Derzeit liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass Patienten durch illegal in die Vertriebskette gelangte Produkte tatsächlich zu Schaden gekommen sind.

Weitere Informationen:

Sicherheitsinformation des BASG (16.04.2014):

http://www.basg.gv.at/news-center/news/sicherheitsinformationen-details/article/gestohlene-und-nachtraeglich-verfaelschte-durchstechflaschen-wurden-in-die-legale-vertriebskette-der/