Pflanzliche Arzneimittel: Richtlinie 2004/24/EG

Kurzmeldungen | 26.04.2011

Hintergrund der jüngsten Diskussionen ist nicht ein 'neues' Dokument der Europäischen Kommission, sondern die Direktive 2004/24 EC aus dem Jahr 2004, in der traditionell pflanzliche Arzneimittel definiert und die regulatorischen Rahmenbedingungen dafür EU-weit festgelegt werden. Diese Neuerung brachte die Chance, dass EU-weit traditionell bewährte Produkte, sofern sie definierte Kriterien erfüllen, als Arzneimittel am Markt sein können.
 
Eckpunkte für traditionell pflanzliche Arzneimittel

  • Mindestens 30 Jahre medizinische Verwendung (davon mindestens 15 Jahre in der EU)
  • Die Anwendung muss ohne ärztliche Aufsicht möglich sein.
  • Die Anwendung muss sicher sein.
  • Die Wirkung muss ‚plausibel’ sein, d.h. eine Registrierung als traditionell planzliches Arzneimittel ist auch ohne klinische Prüfung möglich.
  • Die Qualität der Produkte entspricht den aktuellen Richtlinien
     

Diese Direktive wurde im Jänner 2006 in Österreich mit einer Novelle zum Arzneimittelgesetz (AMG) umgesetzt (AMG §§12ff). Seither können auch in Österreich traditionell pflanzliche Arzneimittel registriert werden.
 
Situation vor 2006
In Österreich, wie auch in vielen anderen EU-Mitgliedsstaaten konnten aber bereits vor diesem Datum Produkte, die gewisse Voraussetzungen erfüllten, vereinfacht zugelassen werden. In Österreich war dies nach §17a des früheren Arzneimittelgesetzes möglich. Derzeit sind 743 Arzneimittel nach diesem Paragraphen zugelassen.
 
Im Sinne der Patientensicherheit sollen alle Arzneimittel den aktuellen Qualitätsrichtlinien entsprechen. Deshalb wurden für diese Gruppe von Arzneimitteln in der Direktive 2004/24 im Artikel 2 Übergangsbestimmungen definiert: Die zuständigen Behörden (in Österreich das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, BASG) müssen die Bestimmungen dieser Richtlinie vor Ablauf vonsieben Jahren auch auf jene vereinfacht zugelassenen Arzneimittel anwenden, die bei Inkrafttreten dieser Richtlinie bereits im Verkehr sind. Daraus resultiert das Ende der Übergangsfrist mit 30.04.2011.
 
Für Österreich bedeutet dies, dass die Zulassung von Arzneimitteln, die nach dem §17a der früheren Fassung des Arzneimittelgesetzes erleichtert zugelassen wurden, spätestens mit Ablauf des 30.04.2011 erlischt (festgelegt im AMG §94c(8)). Die Zulassungsinhaber haben die Möglichkeit, einen Antrag auf Registrierung als traditionell pflanzliches Arzneimittel einzubringen. So kann das Produkt weiter am Markt bleiben.
 
Arzneimittelliste
Das BASG hat eine Liste jener Arzneimittel auf der Webseite publiziert, deren Zulassung aufgrund der genannten Bestimmungen mit 30.04.2011 erlöschen wird. Dieser Stichtag betrifft daher nur eine ganz bestimmte Gruppe von Arzneimitteln. Diese Regelung hat weder Auswirkungen auf den Lebensmittelbereich noch auf die Abgrenzung Lebensmittel-Arzneimittel. Der Anwendung von Kräutertees als Lebensmittel steht daher auch in Zukunft nichts entgegen.

 

Magistrale und offizinale Zubereitungen

Darüber hinaus ist es Apotheken wie bisher möglich, magistrale und offizinale Zubereitungen aller traditionellen Heilrichtungen herzustellen und abzugeben. Unter einer magistralen Zubereitung versteht man dabei die Herstellung auf Grund einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung für einen bestimmten Patienten; unter offizinaler Zubereitung die Herstellung nach einer Monographie des Arzneibuches.

 

Ergänzend dazu darf noch auf die Website der Europäischen Kommission verweisen werden. Auch auf europäischer Ebene wird versucht, der Verunsicherung von Konsumenten und Patienten in Zusammenhang mit der Richtlinie 2004/24/EG entgegenzuwirken. 

 

Weiterführende Informationen:

Arzneimittelliste

FAQ Europäische Kommission

 

Rückfragen:

AGES PharmMed

Univ.-Doz. Dr. Reinhard Länger

E-Mail: reinhard.laenger@ages.at